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Daten, die an einem wichtigen Boden-Pilz ermittelt wurden, zeigen, daß Anwendungen mit Roundup Störungen auf der zellulären Ebene bewirken, selbst wenn kein sichtbarer Effekt auf den gesamten Organismus offenbar ist

Laut einer neuen Studie, die das französische Forschungsteam von Christian Vélot, einem Molekular-Genetiker an der Universität Paris-Süd, veröffentlicht hat, verursachte das Herbizid Roundup Störungen auf der zellulären Ebene eines wichtigen Boden-Pilzes, und zwar bei Dosierungen, bei denen es auf den ganzen Organismus keinen sichtbaren Effekt gibt.

Die Autoren glauben, daß ihre Daten „wahrscheinlich das Konzept der ‚substantiellen Äquivalenz’ infrage stellen werden, wenn sie auf Herbizid-tolerante (HT-) Pflanzen zutreffen werden.“

Die in Environmental Science and Pollution Research publizierte Studie, wurde an einem Boden-Pilz durchgeführt, der Aspergillus nidulans heißt und der als Anzeiger für die Gesundheit des landwirtschaftlichen Bodens genutzt wird.

In der Studie wurden molekulare Analysen durchgeführt, um quantitativ und qualitativ einen Vergleich aller Eiweiße, die in den Pilz-Zellen vorhanden sind, die Roundup ausgesetzt worden waren, mit denjenigen einer Kontroll-Gruppe von Zellen desselben Pilzes auszuführen, die Roundup nicht ausgesetzt wurden.  Die getestete Herbizid-Formulierung war die „GT Plus“-Formulierung, die je Liter 450 Gramm Glyphosat enthält, dem aktiven Bestandteil des Herbizides.

Die für die Exposition ausgewählte Dosis entsprach der maximalen Konzentration, bei der kein sichtbarer (makroskopischer) Effekt beobachtet wird – sonst bekannt als NOAEL oder No Obeserved Adverse Effect Level.

Christian Vélot der die Studie leitete, sagte: „Die Ergebnisse zeigen, daß Roundup sogar bei dieser niedrigen Dosis die Modulation von ca. 6 % der ermittelten Proteine verursacht, die hauptsächlich den Prozeß der zellulären Entgiftung und der Streß-Reaktion, die Protein-Synthese, den Protein- und Aminosäuren-Stoffwechsel und den Energie- und Respirations-Metabolismus in Mitleidenschaft zieht.“

Vélot fügte hinzu, daß die Daten zeigen, daß „metabolische Störungen aufgrund von Pestizid-Rückständen bei Expositions-Mengen geschehen können, für die es keine sichtbaren toxischen Auswirkungen gibt, so wie bei den landwirtschaftlichen Dosierungen, die an Roundup-toleranten gentechnisch veränderten (GV-) Pflanzen eingesetzt werden.“

Die Forscher erhielten ihre Daten von einem Pilz, der als Modell-Organismus verwendet wurde.

Aber Vélot erklärt, daß die Tatsache, daß molekulare und metabolische Effekte bei Dosierungen, die ohne sichtbare toxische Effekte sind, beobachtet wurden, nahe legt, daß dies auch für andere Organismen und besonders für Roundup-tolerante GV-Pflanzen der Fall sein könnte, die viel größeren landwirtschaftlichen Mengen ausgesetzt werden. „Aufgrund unserer Befunde“, sagte Vélot, „ist es legitim und gerechtfertigt, dies zu vermuten.“

In Ländern rund um die Welt werden GV-Pflanzen auf der Grundlage des Prinzips evaluiert, man dürfe annehmen, daß die GV-Pflanze ebenso sicher sei wie ihr nicht-GV-Gegenstück, solange wie die zwei ähnlich sind.  

Laut der Schlußfolgerung der Studie „bestätigen“ diese neuen Daten  jedoch „…die Wichtigkeit, den Einfluß dieser Herbizid-Rückstände bei dem Bestimmungs-Verfahren der substantiellen Äquivalenz mit zu berücksichtigen, weil metabolische Störungen durch diese Überreste dem schlußendlichen Pflanzen-Produkt toxische Eigenschaften zufügen können.“

Die meisten von Europa’s auf Höfen gehaltenen Nutztiere werden mit einem Schrotmehl aus Roundup-toleranten GV-Sojabohnen gefüttert, die aus Brasilien und Argentinien importiert werden. Diese GV-Bohnen werden als substantiell äquivalent mit konventionellen Soja-Bohnen erachtet.

Aber die Autoren der Studie erklären in ihrer Presse-Mitteilung: „Unsere Studie deckt die Notwendigkeit auf, daß diese gentechnisch veränderten Pflanzen detaillierte molekulare und metabolische Untersuchungen durchlaufen, und zwar vor irgendeiner Entscheidung, sie auf dem Markt zu behalten oder sie auf den Markt zu bringen.“

Solche Analysen würden Veränderungen auf dem zellulären Niveau aufdecken, die auf der Ebene des Gesamt-Organismus nicht sichtbar sind.

Die neue Studie wurde im Rahmen eines partnerschaftlichen Forschungs-Projektes zwischen der Universität von Paris-Süd und den Vereinigungen von Generations Futures [http://generations-futures.fr/] und dem Criigen, Committee of Research and Independent Information on Genetic Engineering, durchgeführt.

Ende des Artikels

Im nächsten Abschnitt folgt der englische Abstract der Studie:

Daten zur Studie:

Proteomic analysis of the soil filamentous fungus Aspergillus nidulans exposed to a Roundup formulation at a dose causing no macroscopic effect: a functional study
Poirier F, Boursier C, Mesnage R, Oestreicher N, Nicolas V, Vélot C.
Environ Sci Pollut Res Int. 2017 Sep 23. doi: 10.1007/s11356-017-0217-6. [Epub ahead of print]
http://link.springer.com/article/10.1007/s11356-017-0217-6 or
https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/28940012

Abstract

Roundup® is a glyphosate-based herbicide (GBH) used worldwide both in agriculture and private gardens. Thus, it constitutes a substantial source of environmental contaminations, especially for water and soil, and may impact a number of non-target organisms essential for ecosystem balance.

The soil filamentous fungus Aspergillus nidulans has been shown to be highly affected by a commercial formulation of Roundup® (R450), containing 450 g/L of glyphosate (GLY), at doses far below recommended agricultural application rate.

In the present study, we used two-dimensional gel electrophoresis combined to mass spectrometry to analyze proteomic pattern changes in A. nidulans exposed to R450 at a dose corresponding to the no-observed-adverse-effect level (NOAEL) for macroscopic parameters (31.5 mg/L GLY among adjuvants).  

Comparative analysis revealed a total of 82 differentially expressed proteins between control and R450-treated samples, and 85% of them (70) were unambiguously identified.

Their molecular functions were mainly assigned to cell detoxification and stress response (16%), protein synthesis (14%), amino acid metabolism (13%), glycolysis/gluconeogenesis/glycerol metabolism/pentose phosphate pathway (13%) and Krebs TCA cycle/acetyl-CoA synthesis/ATP metabolism (10%).

These results bring new insights into the understanding of the toxicity induced by higher doses of this herbicide in the soil model organism A. nidulans.

To our knowledge, this study represents the first evidence of protein expression modulation and, thus, possible metabolic disturbance, in response to an herbicide treatment at a dose that does not cause any visible effect.

These data are likely to challenge the concept of “substantial equivalence” when applied to herbicide-tolerant plants.
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Ende des gesamten Artikels

Übersetzung durch GeNwissen - 2017

Zusatz-Information der GenAG/attac-bielefeld:

1. Christian Vélot ist der wissenschaftliche Koordinator des „PICRI“-Projektes zur „Substantiellen Äquivalenz“. -  Siehe in diesem Zusammenhang:
http://www.attac.de/fileadmin/user_upload/Gruppen/Bielefeld/Wissenschaftler_und_Gesellschaft_brauchen_eine_neue_Wissenschaft.pdf

2. Der Begriff „Substantielle Äquivalenz“ (engl.: „substantial equivalence“) spielt die Haupt-Rolle bei den Zulassungs-Verfahren, in denen GVO für den Markt und zum Konsum freigegeben werden. Er dient bei der offiziellen Risiko-Bewertung als Alibi, um den größten Teil absehbarer Risiken gar nicht in Erwägung ziehen. Er wird in den USA und in der EU etwas unterschiedlich gehandhabt, dient aber dergleichen Absicht, selbst, wenn man ihn anders nennt („comparative risk assessment“ in der EU), um der Öffentlichkeit vorzugaukeln, er sei überholt worden.  

Genau und gut lesbar in einfachem Englisch wird das bestens in dem Reader „GMO Myths & Truths“ von earthopensource umfassend im Kapitel 2.1 dargestellt:
http://earthopensource.org/gmomythsandtruths/sample-page/2-science-regulation/2-1-myth-gm-foods-strictly-tested-regulated-safety/

3. Der GV-Mais NK603 ist (ohne mit Roundup behandelt worden zu sein) eindeutig nicht substantiell äquivalent, dennoch ist er ohne Langzeit-Untersuchung als sicher zugelassen:
http://www.attac-bielefeld.de/fileadmin/user_upload/Gruppen/Bielefeld/Gen-Mais_NK603_ist_nicht_substantiell_aequivalent.pdf
 

Daten des englischen Artikels:
Titel: New research challenges assumption of substantial equivalence for Roundup-tolerant GMOs
Datum: 5 Oktober 2017
URL: http://www.gmwatch.org/en/news/latest-news/17887-new-research-challenges-assumption-of-substantial-equivalence-for-roundup-tolerant-gmos

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URL dieses Dokumentes:
http://www.attac-bielefeld.de/fileadmin/user_upload/Gruppen/Bielefeld/Roundup_veraendert_Pilz_substantiell.pdf