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GMWatch meldete im Nachrichten-Überblick Nr. 364:

Wenn man auf GVO zu sprechen kommt, bevorzugen Lobbyisten wie Patrick Moore und Kevin Folta Zukunfts-Versprechungen vor der augenblicklichen Realität – und Verschleierung vor Klarheit.

Ihre Weigerung, sich dem zu stellen, was tatsächlich in der GVO-Arena geschieht, hat Claire Robinson von GMWatch überzeugt, daß die Gegner der GV-Debatte tatsächlich die Debatte gewinnen könnten.
http://www.gmwatch.org/news/latest-news/16645

 

Wie mich GVO-Lobbyisten lehrten, daß wir gewinnen

Wenn man auf GVO [gentechnisch veränderte Organismen] zu sprechen kommt, bevorzugen Lobbyisten wie Patrick Moore und Kevin Folta Zukunfts-Versprechungen vor der augenblicklichen Realität – und Verschleierung vor Klarheit.

Über den Verlauf des Jahres 2015 wurde ich überzeugt, daß wir die GVO-Debatte gewinnen werden.

Und paradoxerweise war das, was mich überzeugte, die Erfahrung, mich mit den GVO-Lobbyisten in Person und in Schriftform auseinanderzusetzen.

Was sagten sie, was mich überzeugte? Hier ist ein schneller Führer:

1. Jeder haßt Monsanto

Zumindest in Europa weigern sich selbst hart gesottene Werbesprecher für GVO, Monsanto zu verteidigen, und behaupten, das Unternehmen zu verschmähen.

Sogar Vivian Moses, Vorsitzender des von der Industrie gesponserten Pro-GVO Informations-Dienstes Cropgen, der heute darüber schreibt, wie die „Biotech-Industrie den Krieg“ um GVO „gewinnt“, räumt ein, daß „Monsanto die Rolle erhalten hatte, der erste Bösewicht zu sein, der den Import von GV-Soja nach Europa anstrebt.

Bestimmt wird die Industrie in einigen Kreisen unbeliebt bleiben.

Monsanto im Besonderen wird weiterhin von protestierenden Aktivisten als ein großes und sichtbares Ziel gesehen.“

Deshalb, so sagen die GVO-Enthusiasten, sollten wir Monsanto vergessen und stattdessen „gute öffentliche GVO“ willkommen heißen.

Das Problem in der realen Welt hierbei ist, daß Monsanto auf dem Markt die dominante Kraft darstellt.

Auf jeden Fall macht es wenig Unterschied, ob Monsanto oder eine öffentliche Forschungs-Institution der Eigentümer des Patentes auf einen GVO ist.

Das Motiv für Profit regiert in beiden Fällen genauso, wie es eine Vorrangstellung gegenüber den Themen der Öffentlichen Gesundheit, der Umwelt und wissenschaftlichen Integrität einnimmt.

Aufgrund der geistigen Eigentums-Mechanismen werden die öffentlichen Forschungs-Einrichtungen, die GVO entwickeln, in ihrem Verhalten von dem der Unternehmen tatsächlich ununterscheidbar.

Wir sind zu einem – bereits alltäglichen - unschönen Schauspiel eingeladen, bei dem Wissenschaftler und Akademiker in der Rolle von Verkäufern auftreten.

2.  Erwähne nicht die GV-Pflanzen, die wir tatsächlich anbauen

Über 99 % aller GV-Pflanzen, die weltweit angebaut werden, sind gentechnisch verändert (gv) worden, um zu überleben, wenn man sie mit Herbiziden besprüht, oder um ein Insektizid zu exprimieren.

Gegner von GV-Pflanzen sprechen oft über die Tatsache, daß diese GV-Pflanzen unter dem Gewicht von Herbizid-resistenten Super-Unkräutern und Bt-Toxin-resistenten Schädlingen scheitern.

Sie erzählen von dem rapiden Rückgang des Monarch-Schmetterlings, weil seine Haupt-Nahrungspflanze von dem Herbizid Roundup ausgelöscht wird, das auf Felder mit GV-Pflanzen verspritzt wird.

Sie deuten darauf, daß Roundup beschuldigt wird, Geburts-Fehler und Krebs bei argentinischen Menschen zu verursachen und ein ‚wahrscheinliches’ Karzinogen für den Menschen zu sein.

Sie zeigen sogar, die langweilige Vision dessen, welche GVO für die Kommerzialisierung [demnächst] vorbereitet werden: GV-Pflanzen, die es ertragen, mit sogar noch mehr Herbiziden eingesprüht zu werden – und möglicherweise mit noch giftigeren darunter.

Sie können über alle diese Dinge berichten.

Aber es wird eine einseitige Konversation sein.

Denn, obwohl diese GV-Pflanzen in jenen Ländern, die sie angenommen haben, überall sind, wollen die Werbe-Sprecher für GVO nicht über sie reden.

Sie wollen überhaupt nicht darüber sprechen.

3. Reden Sie viel über Goldenen Reis und Gen-Editierung

Das sind die Themen, über die die GVO-Förderer reden wollen:

*  GV-Goldener Reis, von dem sie sagen, daß er arme Menschen von einem Mangel mit Vitamin A retten wird, und

*  Gen-Editierung, von der sie sagen, daß sie die GV-Technologie von ihren alten Problemen der Ungenauigkeit und Unvorhersagbarkeit  befreien wird – Probleme, die sie bis heute immer abzustreiten versuchten.

Was haben diese zwei Hoffnungen für die Zukunft von GVO gemeinsam?

Am meisten, daß sie Zukunfts-Versprechungen sind und keine aktuelle Beiträge.
Der GVO Goldene Reis ist von grundsätzlichen Problemen bei der Forschung und Entwicklung sowie von enttäuschenden Ernten in Feld-Versuchen geplagt worden.

Und die Gen-Editierung hat bislang nicht den Beweis für die Präzision einer [Technik-] Revolution erbracht, wie es behauptet wurde.

Die begrenzte Forschung, die durchgeführt wurde, hat zahlreiche Neben-Effekte gezeigt.

Tatsächlich sagen [für das] öffentliche Interesse [tätige] Wissenschaftler, daß neue Gen-Techniken, wie die Gen-Editierung, GVO entstehen lassen, die nach Europäischem Recht gekennzeichnet werden müssen.

Aber die GVO-Befürworter bestehen darauf, daß die Produkte der Gen-Editierung nicht als GVO klassifiziert werden dürfen.

Ihre Begründung hierfür ist nicht wissenschaftlich.

Sie ist darauf abgestimmt, dafür zu sorgen, daß diese Produkte einer Regulierung ausweichen und eine Stigmatisierung auf dem Markt umgehen.

Die Lehre aus dieser Lektion ist, daß diese Technologie zu fragil ist, um die Transparenz zu überleben, die von den Konsumenten verlangt wird.

4. Stellen Sie nicht zu viele Fragen zu dem Goldenen Reis oder zur Gen-Editierung

Wenn darauf hingewiesen wird, daß der GVO Goldene Reis noch nicht fertig für die Verwendung ist, trotz daß er mehrere 10 Millionen Dollar an Forschungs-Geldern verschlungen hat, und daß Experimente zeigen, daß die Gen-Editierung doch nicht präzise oder vorhersagbar ist, haben die GVO-Beförderer keine Antworten darauf.

Sie antworten nicht mit widersprechender Evidenz.

Noch gestehen sie ein, daß sie Unrecht haben.

Sie sagen nur: „Die Forschung muß weiter gehen.“

Zwischenzeitlich haben die Philippinen einen weiten Weg zurückgelegt, um ihr Problem des Vitamin A – Mangels ohne GVO zu lösen.

Unzweifelhaft wäre dieses Problem vollständig gelöst, wenn ein Teil der finanziellen Förderung, die für den Versuch verschwendet worden ist, Beta-Karotin (seine Vorstufe) auf gentechnischem Wege in den Reis hinein zu bekommen, für Techniken ausgegeben worden wäre, die sich bereits als wirkungsvoll für die Bekämpfung von Fehlernährung erwiesen haben.  

Und die Züchtungen ohne gentechnische Veränderung übertreffen weiterhin die GV-Pflanzen darin, sichere, nahrhafte und hoch-ertragsreiche Pflanzen zu liefern, die unter einer großen Vielfalt von Bedingungen gedeihen.

Und das trotz der Tatsache, daß für die Gentechnische Veränderung immer noch auf Kosten von Ansätzen Reklame gemacht wird, von denen wir wissen, daß sie funktionieren.

5. Erwähnen Sie nicht zwei der bekanntesten GVO-Lobbyisten

Der GVO-Lobbyist und Leugner der Klima-Wissenschaft Patrick Moore machte im letzten Jahr Geschichte, als eine Kamera ihn dabei einfing, wie er einem Journalisten erzählte, er würde gerne ein Glas von Monsanto’s Herbizid Roundup trinken – und dann wegrannte, als der Journalist ihm ein Glas anbot.

Falls Sie nicht beeindruckt sind, dann sind Sie es nicht allein.

Seit seiner Weigerung, zu seinem GVO-Wort zu stehen, und seiner unverantwortlichen Bewerbung eines giftigen Herbizides als ein Getränk, haben andere GVO-Befürworter begonnen, Moore für eine Peinlichkeit zu halten und als ein „Geht überhaupt nicht“-Thema für eine Diskussion.

Und auf ähnliche Weise beging Kevin Folta, ein pro-GVO Wissenschaftler mit einer massiven Präsenz in den sozialen Medien, den fatalen Fehler, nicht die Wahrheit über seine Verbindungen zu der Industrie zu erzählen.

Folta behält einen Kreis von brutalen Online-Verteidigern.
 
Aber Personen, die öffentliche Konferenzen besucht haben, wo er sich zeigte, berichten uns, daß er sogar unter Unterstützern von GVO seine Glaubwürdigkeit verloren hat.

Es sieht aus, als ob diese ehemals erstklassigen GVO-Fürsprecher jetzt von der Geschichte übergespritzt werden.

‚Vorwärts blickende Erklärungen’ und zerbrochene Versprechen

Unsere Schlußfolgerung über den Stand der GVO-Debatte aus der Untersuchung der besten Argumente, die die GVO-Lobby aufzubieten vermag, ist diese: Insoweit es um Vernunft und Wissenschaft geht, haben sie verloren. Alles, was sie haben, ist der Goldene Reis und die Gen-Editierung.

In Ländern wie dem UK, die Regierungen besitzen, die für GVO sind, kann der vorwärts-blickende Spleen, der mit dem Versprechen von Profiten aus geistigen Eigentumsrechten an GVO angeheizt wird, genügen, um die finanzielle Förderung der Forschung für einige Jahre weiter fließen zu lassen.

Aber diese Förderungs-Pipeline läuft entgegen den Mainstream.

Die globale Ablehnung von GV-Lebensmitteln ist am wachsen.

Die Regierung der USA war die erste, die GVO annahm, - aber Amerikanische Konsumenten lehnen sie scharenweise ab.

Im Jahr 2014 wurden Nicht-GV-Nahrungsmittel und –Getränke für 200 Milliarden Dollar verkauft, und für den gesamten globalen Markt mit Nicht-GVO-Produkten wird fast eine Verdopplung bis zum Jahr 2019 vorausgesagt.

Und Campbell’s, das größte Suppen-Unternehmen auf der Welt, hat gerade angekündigt, daß es GVO-Bestandteile in seinen Produkten im Interesse für Transparenz kennzeichnen wird.

Die zwei anderen Länder außer den USA, die die meisten GVO anpflanzen, sind mit einer Krise für die Öffentliche Gesundheit konfrontiert.

In Argentinien haben 30.000 Ärzte und Professionelle des Gesundheitswesens ein Verbot von Glyphosat gefordert, das Herbizid, mit dem über 80% der GV-Pflanzen angebaut werden.

Nachdem die WHO Glyphosat als ein ‚wahrscheinliches Karzinogen’ eingestuft hatte, tadelte das Nationale Krebs-Institut in Brasilien die GV-Pflanzen dafür, daß sie das Land auf die vorderen Ränge im Pestizid-Verbrauch gebracht hätte, und forderte einen massiven Wechsel zu ökologischer Landwirtschaft.

Mittlerweile haben bereits zwei Drittel der Europäischen Länder, einschließlich alle anderen Teile des UK außer England, jene GV-Pflanzen abgelehnt, die für eine Genehmigung vorbereitet werden.

Die GV-Baumwolle in Indien und Pakistan schmilzt mehr und mehr zusammen.

Auf den Philippinen hat die Entscheidung des Supreme Court [Oberstes Gericht] einen Stopp für Feldversuche mit GVO und Zulassungen von GVO festgesetzt.

Weil die Philippinen das Land sind, das für den Goldenen Reis anvisiert wurde, sieht sich eine der großen Hoffnungen der GVO-Lobby für die Zukunft jetzt einem extra Hindernis gegenüber.

Das Geschäfts-Unternehmen mit GVO-Lebensmitteln scheint vor der Tür des Todes angelangt zu sein – falls nicht gen-editierte Nahrungsmittel von der Kennzeichnung ausgenommen werden.

Falls sie es werden, könnten diese versteckten GVO zu einem Zusammenbruch des Konsumenten-Vertrauens in den Lebensmittel-Markt als ganzes führen.

Ist die Nahrungsmittel-Industrie willens, sich für die GVO-Industrie eine Kugel zu geben?

Wahrscheinlich nicht – aber die Bürger werden eine Menge Lärm machen müssen, um sicher zu gehen, daß diese versuchte Täuschung keinen Erfolg hat.

Wenn es um die Behauptung von Vivian Moses geht, daß „die Opposition der Supermärkte im UK aufgeweicht worden sei“ und „daß ein Großteil der Europäischen Öffentlichkeit sich mittlerweile über dieses Thema langweile“, dann liegt es an uns, zu beweisen, daß er Unrecht hat.
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Dieser Artikel wurde erstmalig im „The Ecologist“ am 11. Januar 2016 veröffentlicht (http://www.theecologist.org/blogs_and_comments/commentators/2986815/how_gmo_lobbyists_taught_me_were_winning.html). Claire Robinson ist eine Editorin bei GMWatch.

Unterstützung:

Wir bei GMWatch sind stolz, eine Rolle in dieser Debatte gespielt zu haben, die – entgegen massiver Erwartungen – wir und unsere Verbündeten aus der ganzen Welt vielleicht gerade am gewinnen sind.

Falls Sie das, was wir tun, mögen, unterstützen Sie uns bitte mit einer Spende. Wir wissen Ihre Unterstützung zu schätzen.

-- Ende des Artikels --

Übersetzt mit Hervorhebungen und [anmerkungen] durch GenAG/attac-Bielefeld

Daten zum Englischen Artikel:
Titel:   How GMO Lobbyists taught me we’re winning
Autor: Claire Robinson - Datum: 13. Januar 2016
URL:  http://www.gmwatch.org/news/latest-news/16645  

EXTRA-Hinweis
Das Oberste Gericht der Philippinen hat das Vorsorge-Prinzip
bei der Grünen Gentechnik und ihren sofortigen STOPP angeordnet:
http://sc.judiciary.gov.ph/pdf/web/viewer.html?file=/jurisprudence/2015/december2015/209271.pdf
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URL: dieses Dokumentes:
http://www.attac-bielefeld.de/fileadmin/user_upload/Gruppen/Bielefeld/wie_mich_GVO-Lobbyisten_lehrten_da