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Eine neue Analyse stellt die Lebensmittel-Sicherheit und Sicherheit für die Umwelt infrage

Es wird behauptet, daß der hauptsächliche Vorteil, der für gentechnisch veränderte (kurz: GV) insektizide Bt-Pflanzen spricht, darin bestehe, daß ihre Giftigkeit, anders als bei den konventionellen Pestiziden, auf ein paar Spezies beschränkt sei.

Aber eine neue von Fachkollegen begutachtete Analyse vergleicht Bt-Proteine aus GV-Organismen (GVO) systematisch mit natürlichen Bt-Toxinen und zeigt auf, daß viele der Elemente, die für ihre begrenzte Giftigkeit verantwortlich sind, von den Entwicklern der GVO bei dem Verfahren, die Bt-Toxine in die Pflanzen einzubringen, entfernt wurden.

Auf diese Weise haben die Entwickler GVO-Insektizide hergestellt, die – mit den Worten Monsanto’s in einem seiner Patente – „Super-Toxine“ darstellen.

Die Autoren der Analyse schlußfolgern zusätzlich, daß  Literaturhinweise zu irgendwelchen Bt-Toxinen darauf, daß sie „natürlich“ seien, falsch und wissenschaftlich nicht haltbar sind.

Was sind Bt-Toxine?

Bt-Toxine sind eine mannigfaltige Familie von Protein-Toxinen, die in der Natur von dem Bakterium Bacillus thuringiensis produziert werden, das ein Darm-Pathogen von vielen Arten ist.  

Man glaubt, daß die natürlich vorkommenden Toxine des Bacillus thuringiensis (auch bekannt als Cry-Toxine) alle eine sehr eingegrenzte Bandbreite an Giftigkeit besitzen.

Diese Toxine existieren in der Natur als Kristalle, die um DNA herum gepackt sind.

Über eine komplexe Abfolge wie den Schritten des Entpackens und um das Protein weiterzuverarbeiten, werden diese Moleküle in aktive Giftstoffe umgewandelt und töten ihre Ziele, indem sie Löcher in die Membranen der Darmwände ihrer Opfer erzeugen.

Mais, Baumwolle und Soja-Bohnen, die GVO-Bt-Gifte bilden, werden weithin auf der Welt angebaut.

GVO-Bt-Pflanzen-Varietäten synthetisieren wesentlich diese Bt-Toxine und können viele verschiedene Bt-Transgene enthalten (1), jedes mit etwas anderen Eigenschaften.

Für diese Veröffentlichung prüften die Autoren die Antrags-Dokumente zur Biosicherheit von 23 weltweit gehandelten Bt-insektiziden GV-Pflanzen-Events als auch von Fachkollegen begutachtete Forschungen sowie Patente.

Sie strebten dabei an, GV-Proteine mit den natürlichen Bt-Giftstoffen zu vergleichen. Ihre Analyse ist die erste, die die chemischen und die funktionellen Unterschiede zwischen GVO-Bt-Toxinen und natürlichen Bt-Giften erforscht.

Die Ergebnisse

Diese neue wissenschaftliche Übersichtsarbeit beschreibt zahlreiche Unterschiede zwischen den natürlich vorkommenden und den GV-Bt-Proteinen.

Einige davon werden absichtlich eingeführt, aber andere sind von ihrer Entstehung her unbeabsichtigt. Dazu gehören:
- Alle GVO-Bt-Toxine sind eher lösliche Eiweiße als Kristall-Strukturen;
- Viele GVO-Bt-Toxine sind verkürzte Proteine;
- Teilstücke von natürlichen Bt-Giften werden häufig miteinander kombiniert, um hybride GVO-Moleküle zu erzeugen, die es in der Natur nicht gibt;
- Oft sind an GVO-Bt-Toxinen synthetische oder nicht-verwandte Protein-Moleküle angefügt;
- GVO-Bt-Toxine können mutiert worden sein, um bestimmte Aminosäuren auszutauschen;
- Alle GVO-Bt-Proteine werden innerhalb der Pflanzen-Zellen noch weiter verändert.
Somit verursachen GVO-Nutzpflanzen selber Veränderungen an der Natur von Bt-Giftstoffen.

Die Folgen (Implikationen)

Die Autoren fanden heraus, daß diese Veränderungen, so überraschend dies zu sein scheint, bei der GVO-Risiko-Bewertung mangelhaft berücksichtigt werden.

Zum Beispiel beziehen sich die Regulierer von GVO häufig auf die „Geschichte einer sicheren Verwendung“ von bestimmten natürlichen Bt-Toxinen.

Die Regulierungs-Behörden gestatten kontroverserweise auch, daß die meisten Sicherheits-Tests mit [so genannten] Surrogat-Toxinen [das sind Bt-Toxine aus transgenen E. coli Bakterien] durchgeführt werden statt mit den GVO-Pflanzen selber (2).

Die nächste Frage der Autoren war deshalb, zu ermitteln, ob diese physischen Veränderungen die Toxizität des Bt-Proteins verstärkten, was zu Folgen für die reale Welt-Ernährung und die Biosicherheit führen würde.

In ihrer Publikation identifizieren die Autoren deutliche theoretische Gründe sowie manchmal direkte Evidenz, um die Ansicht zu unterstützen, daß jede der 6 Arten der oben genannten Veränderungen die Bt-Aktivität steigert.

Zum Beispiel stellte Ciba Geigy bei Messungen der Toxine ihres  Bt 176 [GV-Mais], fest, daß diese 5–10 x mal mehr toxikologisch aktiv sind, wenn man sie gentechnisch in die Pflanzen einsetzt.

Monsanto patentierte eine Reihe von neuartigen Bt-Toxinen mit bis zu 7,9 fach erhöhter Giftigkeit und behauptete, diese „Super-Toxine“ besäßen die kombinierten Vorteile von erhöhter insektizider Aktivität und gleichzeitiger Breitspektrum-Aktivität.

Das stärkste von ihnen wurde jetzt im kommerziellen MON 863 Mais festgestellt.

Zusätzlich liegen theoretische Gründe dafür vor, zu erwarten, daß alle GVO-Bt-Toxine breitere Wirkungs-Spektren haben.

Natürliche Bt-Toxine sind groß, unlöslich und nicht-toxische Vorläufer[moleküle], die unübliche chemische Bedingungen benötigen, um zu aktiven Toxinen zu werden, aber dank den Prozessen, die von allen GVO-Bt-Proteinen durchlaufen werden, sind diese viel näher an der toxikologisch aktiven Form, weil sie die Schlüssel-Anforderungen für eine Spezifität umgangen haben.

Die Autoren ziehen die Schlußfolgerung, daß GVO-Firmen Bt-Insektizide enthaltende GV-Pflanzen mit gesteigerter  und erweiterter Toxizität kommerzialisiert haben, wodurch sie den hauptsächlichen Sicherheits-Vorteil von Bt-Toxinen über konventionelle Pestizide aushöhlen.

Sie stellten fest, daß diese Fakten von den Regulierungs-Behörden für die Biosicherheit von GVO ignoriert werden.

Autor Jonathan Latham, Leitender Direktor des Bioscience Ressource Project, sagte: „Wir stellen hier wichtige Fragen. Diese Publikation deckt zwingende wissenschaftliche Gründe auf, um über die toxikologischen Konsequenzen der GVO-Bt-Gifte in der Nahrung und in der Umwelt beunruhigt zu sein.
 
Aber sie enthüllt auch das komplexe Wechselspiel zwischen Unternehmen, die sorgfältig diejenigen Daten auswählen, die sie mit den Regulierungs-Behörden teilen, und auf Seite der Regulierer eine Bereitschaft, die Wissenschaft zu ignorieren, wenn diese eine GVO-Zulassung zu Fall zu bringen droht.“

Autorin Angelika Hilbeck von dem Schweizer Bundesinstitut für Technologie sagte: „Natürlichkeit ist eine Kern-Behauptung über Pestizide GV-Pflanzen. Aber sie ist konstruiert zur Rechtfertigung, daß man es unterlässt, GVO tatsächlich zu testen. Schließlich steht ‚O’ für Organismus, aber was wir bei der Verwendung von Surrogat-Proteinen für die Risiko-Abschätzung beobachten, ist die Reduzierung von Biologie auf Chemie.“

Diese neue Publikation ist verfügbar (offener Zugriff) bei:
http://www.tandfonline.com/doi/full/10.1080/02648725.2017.1357295

Citation: Jonathan R. Latham, Madeleine Love & Angelika Hilbeck (2017) The distinct properties of natural and GM cry insecticidal proteins, Biotechnology and Genetic Engineering Reviews, 33:1, 62-96, DOI: 10.1080/02648725.2017.1357295.

Text-Anmerkungen:

(1) https://www.rt.com/news/smartstax-maize-germany-approval-428/

(2) Dolezel, M., et al. (2011). Scrutinizing the current practice of the environmental risk assessment of GM maize applications for cultivation in the EU. Environmental Sciences Europe, 23, 33. doi:10.1186/2190-4715-23-33
 
---------------- Ende des Artikels –

Angaben zum englischen Vorlage-Artikel:
Titel: GMO Bt toxins: Safe for people and environment or super toxins?
Datum: 5. Oktober 2017
URL: http://gmwatch.org/en/news/latest-news/17888

Übersetzt mit Anmerkungen [in Klammern] durch GeNwissen(AG)  
für das Ende der Gentechnik in Essen und Landwirtschaft!

Weitere Hinweise der GenAG zu den Risiken von Bt-GVO:

1. Der oben vorgestellte Übersichts-Artikel befaßt sich ausdrücklich nicht mit dem Risiko eines Transfers von Transgenen aus GVO auf die Konsumenten.
Aber er weist extra darauf hin, daß die Möglichkeit eines horizontalen Gentransfers dadurch erhöht wird, indem die bakterielle Gen-Sequenz, die die Information für das Bt-Toxin enthält, ziemlich umgeändert wird, bevor man sie in das Genom des Ziel-Organismus einsetzt.

Andernfalls nämlich würde sie gar nicht funktionieren – und deshalb kein Bt im GVO entstehen.
Mit diesem offenbar nicht zu unterschätzenden Risiko eines Gen-Transfers hat sich Jeffrey Smith, vom Institute for Responsible Technology befaßt. Er sagt zu den Gesundheits-Risiken von Bt-Toxinen u. a.:
„Die Verdauung und das Bt-Toxin
  ….
Vielleicht findet ein Transfer des Bt-Toxins zu der DNA von Bakterien statt, die innerhalb des Darms leben.

Obwohl diese Möglichkeit niemals für Bt-Mais untersucht worden ist, bestätigte eine Forschung zu Roundup Ready (kurz: RR) Sojabohnen, daß ein Stück des RR-Gens, einschließlich seines viralen Promotors, auf die DNA von Darm-Bakterien von Versuchs-Personen mit einem künstlichen Darmausgang übertragen und in sie integriert worden war. (1) (2)

Obwohl es die veränderten Bakterien überlebten, als sie Glyphosat ausgesetzt wurden, ist nicht klar, ob dies an dem intakten Funktionieren des Transgens oder an der natürlichen Immunität gegen dieses Antibiotikum lag.

Falls das Bt-Toxin-Gen übertragen werden würde und in den Darm-Bakterien weiterhin funktionierte, könnte die Menge, die von den Darm-Bakterien hergestellt würde, durchaus das Maß des im Bt-Mais produzierten Giftstoffes überschreiten.

Darüberhinaus könnte der Mensch diesen Giften konstant, also 24 Sunden täglich, ausgesetzt sein. Unglücklicherweise bleibt das hypothetisch, weil keine Studien dieses potentielle Risiko eingehend untersucht haben.“  

Das Zitat (in eigener Übersetzung) stammt aus dem Auswertungsbericht einer Umfrage, die sich nach Verbesserungen der Gesundheit erkundigte, die sich im Anschluß an die Entfernung von Gen-Food aus der Ernährung einstellten.

Zusammenfassung der Studie:
http://responsibletechnology.org/irtnew/wp-content/uploads/2017/11/Summary-Improved-Health-by-Eliminating-GMOs-by-Jeffrey-Smith.pdf

Der komplette Report/Auswertungsbericht der Umfrage als pdf bei:
https://responsibletechnology.org/irtnew/wp-content/uploads/2017/11/Improved-Health-by-Avoiding-GMOs-by-Jeffrey-Smith.pdf      
    
Link zu der Aktualisierung der Ergebnisse über diese Website:
http://www.ichnfm.org/ijhnfm2017smith   

Quellen:
(1)  https://www.nature.com/articles/nbt934#a2 oder: http://nature.com/nbt/journal/v22/n2/full/nbt934.html
(2) http://natureinstitute.org/nontarget/reports/soybean_006.php

*
2. Die Europäische Behörde für Lebensmittel-Sicherheit (EFSA) strotzt vor Amts-Unterlassungen und wissenschaftlich unglaublichen Unkorrektheiten gegenüber dem wirklichen Risiko der Bt-Giftstoffe aus den Bt-GVO.

So weist sie nicht nur die Hinweise auf Toxizität eines einzelnen Bt-Toxins gegenüber dem Wasserfloh mit haltlosen Annahmen zurück, sie verweigert auch die EIGENE Ankündigung umzusetzen, sich mit der nächsten hochaktuellen Risiko-Frage von der synergistischen Toxizität verschiedener Bt-Gifte sowie derjenigen von Bt-Giften mit Rückständen von Herbiziden zu befassen, und zwar in dem Moment, als sie von außen mit einer entsprechenden Studie dazu aufgefordert ist.

Das ganze Vorgehen der EFSA gleicht einem systematischen Vermeiden, sich den aktuellen wissenschaftlichen Kenntnisstand über Risiko relevante Erkenntnisse zu eigen zu machen. (1)
Daß GV-Bt-Gifte sind Super-Toxine zu sein scheinen, haben ja bereits Hilbeck und Latham (s. oben) dargelegt, und jetzt kommt heraus, daß sie gemeinsam noch schädlicher wirken und dies ebenfalls,  wenn sie mit Herbiziden kombiniert werden.

Ein neues Papier (2017) benennt das Fehl-Verhalten der EFSA bei der Bt-Problematik aus wissenschaftlicher Sicht im Detail und fordert die Behörde, die für die Sicherheit der Nahrung in Europa zuständig ist, zur Antwort heraus, wieso sie auf  längst widerlegte Standpunkte von gestern zurückfällt.

Solch ein Verhalten verstößt nicht nur gegen ordentliche Wissenschaft sondern auch gegen ihre Verpflichtung, effektiv und im nötigen Umfang für die Sicherheit der Nahrung und die der Konsumenten in Europa zu sorgen.

Der Titel ist: „Criticism of EFSA’s scientific opinion on combinatiorial effects of ‚stacked’ GM plants“, von Thomas Bohn, erschienen im Journal Food and Chemical Toxicology.
Diese Studie ist komplett einsehbar bei:  https://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S0278691517306907

(von dort aus ist auch ein pdf-Download des Papiers möglich)

Wer nur über etwas Englisch verfügt oder/und über den derzeit soliden Stand der Kenntnis über Bt-GVO und den in ihnen gebildeten Bt-Toxinen Bescheid wissen will oder muß, der lese dieses Papier unbedingt – ebenso wie die Review von Hilbeck und Latham.

Quelle:

(1) Die Nicht-Beachtung eigener Verpflichtungen und das Ausweichen vor fundamentalen Aufgabenstellungen für eine adäquate Risiko-Bewertung durch die EFSA bei GVO und zugunsten der GVO-Industrie  hat lange „Tradition“.
Wie sich das Weggucken der EFSA im Einzelnen grundsätzlich zusammensetzt, hatte vor ein paar Jahren Werner Müller von GLOBAL2000 in einem Vortrag übersichtlich dargelegt – Titel:
„EFSA - Heimspiel für die Industrie“, zum freien Download bei:  
http://www.attac-bielefeld.de/fileadmin/user_upload/Gruppen/Bielefeld/EFSA_Heimspiel-Industrie.avi
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URL dieses Dokumentes:
http://www.attac-bielefeld.de/fileadmin/user_upload/Gruppen/Bielefeld/Analyse-zeigt-Bt-GVO-enthalten-Super-Toxine.pdf